Marshal Wade

Nennt mich ruhig einen Technikfeind, oder vielleicht auch einfach nur jemanden, der aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, aber bisher ist es mir beinahe vollkommen gelungen, dem Sirenen Gesang der sozialen Medien nicht nachzugeben. Trotzdem muss ich einräumen, dass ich, wenn ich auch weder bei Facebook noch bei Twitter bin, obwohl Unicorn meine Blogs dort ankündigt, doch manchmal einen kurzen Blick auf die Reaktionen werfe.
Und diese Reaktionen, das habe ich ohne jegliche Überraschung registriert, weisen darauf hin, dass meine "Technik Spotlight" Themen (die mir vom Leser Eddie vorgeschlagen wurden - noch einmal vielen Dank, Eddie, leider habe ich immer noch keine Neuigkeiten bezüglich dieser unbekannten Spieler Darts) mit etwas größerer Zustimmung aufgenommen werden, als alle meine Abhandlungen über die technischen Einzelheiten der Flugeigenschaften eines Darts.
Deswegen beuge ich mich auch mit dem erschöpften Seufzer des vereitelten Akademikers der öffentlichen Meinung und konzentriere mich wieder einmal in einem Blog auf die Technik eines bestimmten Spielers und erwähne mit keinem Wort solch faszinierende und bildende Themen wie zum Beispiel den Neigungskoeffizienten des Überschlagsmoment. Außer eben in diesem Nebensatz.

Also welchen Spieler sollte ich jetzt auswählen? Während meiner Zeit bei Unicorn habe ich ja das Privileg mit einigen von ihnen zu arbeiten, die alle, ohne Ausnahme, extrem talentiert sind. Von den dreien, über die ich bereits berichtet habe, kombinieren John Lowe und Phil Taylor dieses Talent mit einer soliden Technik und einer furchterregenden mentalen Einstellung, während Barney mindestens so viel Talent mitbringt und eine, wenn vielleicht auch nicht bessere so doch ästhetischere Technik, auch wenn er manchmal härter daran arbeiten muss, seinen Fokus auf dem gleichen Level zu halten.
So ist vielleicht zumindest wenn man auf das PDC Ranking schaut, die logischste Wahl unter den Unicorn Spielern, dien sich zu dem Trio gesellen sollte jemand, dessen Technik nicht so ästhetisch ist wie die von Barney, aber dessen natürliches Talent allen überlegen ist. In diesem Bereich würden viele Marshal James Wade direkt neben "Mighty" Ade Lewis ansiedeln - etwas, was ihrer Rivalität vielleicht noch eine zusätzliche Würze verleiht.

Und falls sich jemand wundert, warum dieses Prosawerk andere Spitznamen als "The Machine" oder Jackpot benutzt - das lieg nurt daran, dass ich mir einen unterhaltsamen Titel für diesen Blog ausdenken wollte. Unkluger, aber unwiderstehlicher, Weise wurde ich von einem alten und besser vergessenen Vers der englischen Nationalhymne angezogen. Ich überlasse es euch, einen Blick darauf werfen solltet ihr interessiert sein. Vielleicht seid ihr auch Manager einer schottischen nationalistischen Kampagne? Es würde mich interessieren, was Gary Anderson davon halten würde rebellisch genannt zu werden.

Jetzt mache ich aber ohne Umschweife weiter, beantworte aber kurz noch eine Anfrage von Mike auf meinen letzten Blog. Wenn du einen Sigma suchst mit einem Grifffeld im vorderen Bereich könntest du dir einmal die Sigma 4 anschauen. Und nun folgt die Analyse von James " The Machine" Wade, es war wirklich ein Vergnügen ihn zu treffen und ich hoffe, für euch wird es ein Vergnügen sein, sie zu lesen.
Vorher noch eine letzte Bitte auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist, dass irgendjemand da draußen doch lieber alles über den Neigungskoeffizienten des Überschlagmoments hören würde,(jetzt ist es mir tatsächlich gelungen, das nicht nur einmal sondern zwei Mal zu erwähnen), gebt nicht mir die Schuld sondern Facebook.
Ned Ludd hätte das ohne Zweifel getan.


Technik Spotlight - James Wade
Wenn man nur ein einziges Wort hätte, um James Stil zu beschreiben, wäre das Wort ganz sicher "natürlich". Wenn er in Form ist, schaut das Spiel bei ihm geradezu lächerlich einfach aus, aber hinter dieser scheinbaren Einfachheit verbergen sich einige klassische Elemente guter Technik - und ein oder zwei, die nicht ganz so klassisch sind.

Wir begingen einmal mit seinem linkshändigen Griff. Einen der wesentlichen Punkte hat er gemein mit Barney - der Daumen drückt den Barrel gegen das zweite Gelenk des Zeigefingers. Aber James setzt etwas mehr Handgelenks-Spannung ein und dreht diesen Klemm Griff um fast 90 Grad, so dass die Daumenbeere praktisch unter dem Barrel liegt und auch hinter und nicht nahe am Gleichgewichtspunkt liegt. Sein zweiter Finger ist um die Spitze des Barrels gebogen zur Stabilisierung, während der dritte und der kleine Finger weniger gebogen sind und nicht in der Nähe der Spitze anliegen (die übrigens 5mm länger als die Standardspitze ist).

Beim Zurückziehen hat man fast den Eindruck, dass der Griff wie eine Sprungfeder wirkt und sich die Finger immer mehr einbiegen und sich dann beim Abwurf quasi wieder abwickeln. Das ist wahrscheinlich das charakteristischste Element von James Wurfstil und wirkt sich in einem linkshändigen Spin aus, der dem Dart mitgegeben wird (also wenn man von hinten schaut gegen den Uhrzeigersinn), was nicht so verbreitet bei linkshändigen Spielern ist, wie man vielleicht annehmen könnte.

Er wirft seine bleistiftförmigen 20 Gramm Darts auch mit den Spitzen leicht nach oben ab, statt sie direkt aufs Ziel auszurichten. Mit 52,8 mm und diesen längeren Spitzen brauchen sie den zusätzlichen Stabilitätsfaktor seiner Plus-Shaped Flights, damit sie - wie er es bevorzugt - leicht nach unten entsprechend dem Flugbogens seines Darts ins Board treffen.

James steht ganz leicht rechts von der Oche Mitte in einem Winkel rund 5 Grad weniger als rechtwinklig, so dass seine linke Wurf-Schulter trotzdem zentral bleibt (auch wenn er durchaus bereit ist, sich am Oche entlang zu bewegen, wenn blockierende Darts es notwendig machen). Seine "Zielnahme" Position ist ausholender als die der meisten Dartspieler, sein Unterarm ist stark an der Vertikale vorbei (was an sich nicht schlecht ist) und die folgende unkomplizierte Rückzugsbewegung und der Wurf folgen ziemlich genau seiner linken (bebrillten) Augenlinie, was sich in einer relativ linearer Armbewegung in der horizontalen Ebene auswirkt - was ich als wesentlichen Faktor seines Erfolgs betrachte.

Und wie verhält es sich jetzt mit den weniger klassischen Wurf-Elementen? Gelegentlich variiert das Wurf Tempo, dazu kommen leichte Kopf-und Köperbewegungen beim Abwurf. Danach kann die Wurfhand eine leichte Abwärtsbewegung machen (manchmal bewegt sie sich auch leicht nach links) und zwar schneller als ich es für ideal halte (wenn das auch der von ihm bevorzugten Doppel 10 zu Gute kommt).

Überwiegend aber gibt es in der Technik von Jemandem, der, obwohl er einräumt, dass er Training nicht liebt, doch ein solch erfolgreicher Spieler ist, jede Menge zu bewundern. Es ist wirklich eine Freude soviel natürliches Talent in Aktion beobachten zu können, also hoffen wir, dass James sich selbst zu einem entschlossenen Angriff auf die Weltmeisterschaft aufstellen kann, die er voll und ganz verdient hätte.










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