Top Secret oder das World Matchplay vom Viertelfinale zum Finale
Kennt ihr diese Agenten Thriller? Oder vielleicht Agenten Filme? Diese in denen unauffällige, mittelalte Männer mit braunen Aktentaschen - ich habe keine Ahnung warum, aber die Aktentaschen sind Immer braun - mit dem Zug zu abgelegenen Dörfern fahren, wo sie von einem Chauffeur empfangen werden, der sie zu einem noch abgelegeneren Landhaus oder Anwesen fährt? Dort treffen sie ebenfalls unauffällige Menschen - meistens ebenfalls Männer - und übergeben streng geheime Papiere oder Informationen. Manchmal wird der unauffällige Reisende gekidnappt, manchmal werden ihm auf dem Weg zum abgelegen Anwesen die Augen verbunden, manchmal sind auch sehr teuer und schick gekleidete Frauen - natürlich schön und geheimnisvoll - in die Angelegenheit verwickelt. Und manchmal gibt es auch Bösewichte oder Verräter in der Handlung.

Genau das ist Bletchley Park am Rand von Milton Keynes. Nur das es nicht Fiktion sondern Realität ist. Na ja eigentlich Realität war, denn heute ist es ein Museum. Aber das, was dort während des zweiten Weltkriegs geschah, blieb bis 1973 ein Geheimnis.

Im zweiten Weltkrieg war in Bletchley Park die Station X untergebracht, die Government Code and Cypher School, ein geheimes Team von Studenten und Akademikern, die als Codebrecher arbeiteten. Sie drangen in die geheime Kommunikation der Achse-Staaten (Deutschland, Italien, Japan) ein - besonders in die deutschen Enigma und Lorenz Verschlüsselungen. Das Anwesen wurde 1938 von Admiral Hugh Sinclair gekauft, der damals Chef des Secret Intelligence Service (SIS oder MI6) war. Bletchley Park war ideal gelegen - ganz in der Nähe des Bletchley Bahnhofs ungefähr in der Mitte zwischen London und Birmingham, nahe an Oxford und Cambridge -an den Universitäten wurden viele der Codebrecher rekrutiert. Es war an die A5 angebunden und ganz in der Nähe in Fenny Stratford gab es einen Telekommunikations- Knotenpunkt. Und das Anwesen lag so abseits, dass jeder Fremde sofort aufgefallen wäre. Ein weiteres Klischee: Sinclair und seine Kollegen besichtigten das Anwesen als "Captain Ridleys Jagd-Gruppe"...

Ganz unterschiedliche Leute wurden rekrutiert zum Beispiel Menschen die besonders gut hintersinnige Kreuzwort Rätsel lösen konnten aber auch ausgebildete Mathematiker. Natürlich brauchte man auch Personal für die Verwaltung - darunter waren viele Frauen. Auch unter den Wissenschaftlern gab es ein paar Frauen - am bekanntesten war Joan Clark. Im Januar 1945 arbeiteten fast 10 000 Personen in Bletchley Park.

Die Deutschen benutzen überwiegen die Enigma Automaten zur Verschlüsselung. In Polen hatte man bereits Anfang der 1930 Wege gefunden, den Code zu knacken und so wurden auch polnische Spezialisten nach Bletchley Park geholt. Alan Turing, ein englischer Mathematiker, Computer Wissenschaftler, Logiker, Kryptoanalytiker, Philosoph und theoretischer Biologie, spielte eine entscheidende Rolle dabei, den Code endgültig zu knacken. Dafür entwickelte er eine elektromechanische Maschine genannt "The Bombe". Historiker schätzen, dass durch Turings Arbeit der Krieg in Europa um mehr als zwei Jahre verkürzt wurde und 14 Millionen Menschenleben gerettet wurden. Daneben wird Turing auch als Vater der theoretischen Computer Wissenschaft und der künstlichen Intelligenz betrachtet Da Turing aber homosexuell war, wurde er zu seinen Lebzeiten niemals wirklich anerkannt. Ganz im Gegenteil konnte er gerade noch einer Gefängnisstrafe entkommen, weil er 1952 einer chemischen Kastration zustimmte. Nur zwei Jahre später starb Turing an einer Zyanid Vergiftung. Erst 2009 entschuldigte sich der britische Premier Minister posthum offiziell im Namen der britischen Regierung für das, was man Turing angetan hatte. Auch Königin Elisabeth II entschuldigte sich 2013 posthum.

Robert Harris Buch "Enigma" ist wahrscheinlich das bekannteste Buch über Bletchley Park. 2012 - 2014 lief auf ITV eine Fernsehserie mit dem Titel "The Bletchley Circle". 2014 drehte Mortem Tyldum den Film "The Imitation Game - ein streng geheimes Leben" in dem Benedict Cumberbatch Turing verkörpert und Keira Knightley Joan Clark, eine der wenigen weiblichen Wissenschaftlerinnen in Bletchley Park, die mit Turing eng befreundet war.

Aber zurück zum World Matchplay und dem einzigen Rätsel, dass es hier zu lösen gab - die Frage nämlich, wer das Turnier gewinnen würde. Glen Durrant ging als Favorit in die Viertelfinale. Aber würde er tatsächlich am Ende der Sieger sein? Da es niemanden gab, der diese Frage beantworten konnte, blieb uns nichts anderes übrig, als uns aufs Sofa zu setzen, unseren Tee zu trinken und zu schauen, was sich da vor unseren Augen entwickeln würde. Und auch wenn niemand entführt wurde oder eine Augenbinde verpasst bekam, war es ein spannendes Szenarium.

Es gab zwei Viertelfinal Abende. Am ersten kamen Michael Smith und Gary Anderson weiter und beide gewannen enge und schwierige Spiele. Smith überwand irgendwie Krzysztof Ratajski, der ein tolles Turnier spielte genau wie auch Simon Whitlock, der gegen Gary Anderson verlor. In beiden Spielen hatten die Sieger einen Durchschnitt von knapp unter 100, etwas höher als der Durchschnitt ihrer Gegner.
Der zweite Viertelfinal Abend war ebenfalls eng, hochklassig und spannend - sogar noch ein bisschen spannender, was am Spiel zwischen Vincent van der Voort und Glen Durrant lag, dass bis ins Tie Break ging und mit einem 18:16 Sieg für Durrant endete. Durrant war im ganzen Spiel vorher nie in Führung gelegen. Van der Voort war zutiefst enttäuscht - wie war es möglich ein Spiel zu verlieren, das er eigentlich die ganze Zeit unter Kontrolle gehabt hatte? Der andere Sieger des Abends war ein wieder eindrucksvoller Dmitri van den Bergh, der Adrian Lewis Hoffnungen beendete. Für van den Bergh war es das erste Spiel überhaupt über so ein langes Format und er zog zum ersten Mal in die Halbfinale eines Major Turniers ein.

Und so standen zwei Halbfinale an, in denen jeweils ein älterer Spieler auf einen Nachwuchsspieler treffen würde - im Falle von Gary Anderson und Michael Smith der Mentor auf den "Schüler" im Falle von Durrant und van den Bergh zwei Spieler, die sich gut kennen.

Smith spielte nicht so stark wie in den Spielen zuvor beziehungsweise nicht durchgehend so stark während Anderson ein beständiges Spiel spielte. Wahrscheinlich gab das am Ende den Ausschlag, denn Smith musste sich zwei Mal zurück kämpfen und es schaute so aus, als hätte er keine Kraft mehr. Er hatte nichts mehr im Tank und verlor im Tie Break mit 16:18. Anderson war aber weiter nicht wirklich glücklich, er hatte einfach den Eindruck, mit seinem Wurf sei etwas nicht in Ordnung und meinte, er hätte mehr mit sich selbst zu kämpfen als mit seinem Gegner. Für Smith war es ein erneuter Tiefschlag und er muss weiter auf seinen ersten Major Titel warten,,,

Das zweite Halbfinale verlief ganz ähnlich wenn es auch in diesem Fall Glen Durrant war, der sich immer wieder zurück kämpfen musste, während van den Bergh immer wieder davon zog. Überraschenderweise schaute der erfahrene Durrant nervöser aus als sein unerfahrener Gegner. Durrant fand dieses Mal keinen höheren Gang am Ende des Spiels und Dimitri van den Bergh war der Sieger und konnte fast nicht glauben, dass er ins Finale einzog.

Nun ja, das Finale war nicht ganz so gut, wie man es sich erhofft hatte - zumindest zeigte Anderson keine so tolle Vorstellung - die Probleme mit seinem Griff und seinem Wurf hielten weiter an. Zu Beginn waren beide Spieler nervös und spielten ein paar schwache Legs. Dann war es aber der junge Belgier, der sich verbessern konnte während das ganze Spiel für Anderson ein einziger Kampf blieb. Andersons Highlight war ein 130 Finish, van den Bergh hatte vier High Finishs, darunter ein 170 Finish. Am Ende gewann der junge Belgier das leicht einseitige Finale und den Titel - was für eine Leistung und sicher nicht nur für mich eine Überraschung! Jetzt muss man abwarten, ob es wirklich van den Berghs Durchbruch war und wie es bei ihm laufen wird, wenn wieder mit Zuschauern gespielt werden darf.

Es war trotz der außergewöhnlichen Situation ein gutes Turnier und ein interessantes Turnier. Ich habe nie van Gerwen, Wright und all die anderen Top Spieler, die früh ausgeschieden waren, wirklich vermisst. Die Qualität war trotzdem hoch, es gab viele enge Spiele und jede Menge Drama, daneben fanden einige Spieler überraschend ihre Form wieder. Man konnte die ganzen Umstände unter denen das Turnier stattfand tatsächlich vergessen.

Das einzige, was ich nach dem Finale vermisst habe, war, dass einer dieser unauffälligen mittelalten Männer auf der Bühne erschien, seine braune Aktentasche öffnete und das Preisgeld überreichte...






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