PDC Weltmeisterschaft 2020 - 5

Das Finale ist ja nicht unbedingt immer das beste Spiel eines Turniers, aber es gibt dennoch einige Weltmeisterschaftsfinale, die es unter die besten Spiele der Dart-Geschichte geschafft haben. Drei davon habe ich mir ausgesucht und etwas genauer unter die Lupe genommen.
Das dritte Finale, dass ich ausgesucht habe, ist das Finale der PDC Weltmeisterschaft 2003 zwischen John Part und Phil Taylor. Zum einen war es ein wirklich spannendes Finale, zum andern unterbrach es die Dominanz von Phil Taylor und daneben war es das erste Mal, dass ein PDC Weltmeisterschafts-Finale von einem nicht aus England, ja sogar nicht aus Europa stammenden Spieler gewonnen wurde. John Part ist bis heute der einzige nicht europäische Weltmeister geblieben - sowohl bei der BDO als auch bei der PDC.


Das Finale der PDC Weltmeisterschaft 2003
Auch das Finale der PDC Weltmeisterschaft 2003 wird - wie das erste Weltmeisterschaftsfinale überhaupt und das Damenfinale 2008 - zu den besten Dartspielen in der Geschichte des Sports gezählt und wie beim Damen Finale wurde auch eine Ära zumindest unterbrochen. Und noch eine Parallele gibt es - zum ersten Mal gewann ein Spieler, der nicht aus England kam, die PDC Weltmeisterschaft.
2003 fand die PDC Weltmeisterschaft noch in der Circus Tavern in Purfleet statt. Es durfte tatsächlich noch geraucht werden, internationale Fans waren eher weniger vor Ort und auch die Fernsehzuschauer kamen eher aus Großbritannien.
Die Zahl der Teilnehmer lag bei 40, es gab bereits einige internationale Qualifikanten - je einen aus Australien, einen aus den Niederlanden und einen aus den USA. Wie auch noch heute gab es einen PDPA Qualifier, über den damals vier Turnierplätze ausgespielt wurden. Dazu kam noch der Sieger der SP 9-Dart Challenge. Alle anderen Spieler (32) hatten sich über den PDC Order of Merit qualifiziert. Die Top 16 waren gesetzt und stiegen erst in Runde zwei in das Turnier ein.

Interessant am Rande: der australische Qualifikant war in diesem Jahr tatsächlich Simon Whitlock, der erst 2004 zur BDO wechselte und er schlug in der zweiten Runde Peter Manley, bevor er in der dritten Runde gegen Ritchie Burnett ausschied. Neben Steve Beaton ist er der einzige Spieler, der auch dieses Jahr wieder bei der PDC Weltmeisterschaft antrat.
Ebenfalls interessant: unter den PDPA Qualifikanten war Al Hedman, der Bruder von Deta Hedman, durch den Hedman überhaupt erst zum Dartsport gekommen war, der sich aber schon lange aus dem Dartsport zurückgezogen hat. Deta ist also schon das zweite Mitglied der Familie Hedman, das an einer PDC Weltmeisterschaft teilnimmt.
Und ebenfalls interessant ist, dass John Lowe, der damals im ersten Weltmeisterschafts Finale 1978 gegen Leighton Rees verlor, 2003 immer noch unter den Teilnehmern der Weltmeisterschaft war. Allerdings jetzt bei der PDC Weltmeisterschaft, denn er war einer der Spieler, die sich 1993 von der BDO trennte, um die PDC (damals noch WDC) zu gründen.

Während bei es der BDO Damen Weltmeisterschaft lange Jahre klar war, dass Trina Gulliver gewinnen würde, war es bei der PDC Weltmeisterschaft eigentlich keine Frage, dass Phil Taylor sich den Titel holen würde. Mit Ausnahme der ersten PDC Weltmeisterschaft hatte Taylor bisher alle neun Auflagen des Turniers gewonnen und alle erwarteten, dass er sich seinen neunten Titel in folge sichern würde. Vor diesem Turnier hatte er allerdings ziemlich an Gewicht verloren, sein Haar mit blonden Highlights aufgehübscht und trug im Ohr einen goldenen Ohrring. Bis auf den Gewichtsverlust dürfte das sein Abschneiden im Turnier nicht beeinflusst haben.

Taylor ging als Nummer 1 gesetzt in das Turnier, sein späterer Final Gegner John Part als Nummer 2. Wenn man sich die sechzehn gesetzten Spieler so anschaut, findet man darunter viele bekannte Namen wie John Lowe - der damals im PDC Order of Merit noch den 13. Platz belegte, Kevin Painter, Colin Lloyd, Roland Scholten, Wayne Mardle, Cliff Lazarenko, Bob Anderson, Steve Beaton. Rod Harrington, Alan Warriner (damals die Nummer 4 der Welt) und Chris Mason sind ebenso wie Wayne Mardle und John Part ins Lager der Kommentatoren gewechselt. Roland Scholten, vorübergehend Dart Experte bei Sport 1, ist heute deutscher Bundestrainer, Keith Deller war Manager von Adrian Lewis.

Wie immer gab es auch bei dieser Weltmeisterschaft in der zweiten Runde, in der die Top 16 das Turnier begannen, einige Überraschungen und neben Peter Manley schieden auch Andy Jenkins, John Lowe und Peter Evison gleich wieder aus dem Turnier aus.
Von den Qualifikanten überstand lediglich Simon Whitlock die erste Runde, Deta Hedmans Bruder Al verlor mit 0:4 gegen Bob Anderson.

Phil Taylor begann seinen Weg Richtung Titel Verteidigung gegen den Amerikaner Steve Brown mit einem 4:1 Sieg. Sein Durchschnitt im Spiel lag bei 103.44 (!). John Part spielte in der unteren Hälfte der Auslosung zunächst gegen Cliff Lazarenko. Auch er holte sich einen 4:1 Sieg, allerdings lag sein Durchschnitt bei moderaten 88.67.

Weiter ging es für Taylor gegen Wayne Mardle. Es war kein ganz einfaches Spiel, Mardle konnte immerhin drei Sets gewinnen, aber am Ende gewann Taylor mit 5:3 und einem Durchschnitt von knapp unter 100.
Für Part ging es gegen den Schotten Jamie Harvey weiter. Auch er gewann mit 5:3 und steigerte seinen Durchschnitt auf knapp 97.

In den Viertelfinalen schlug Taylor Dennis Smith - der einen ganz eigenen Wurfstil hat - mit 5:3 und sein Durchschnitt lag wieder über 100. Für Part hieß der Viertelfinal Gegner Chris Mason und Part war an diesem Tag einfach zu gut für Mason, er schlug ihn mit 5:0 - vielleicht war das ein erstes Zeichen an Taylor, dass da möglicherweise ein Problem auf ihn zukommen könnte. Aber wahrscheinlich machte er sich gar keine Gedanken darüber, schließlich hatte er Part zwei Jahre zuvor im Finale förmlich überrannt und vernichtend geschlagen und auch im World Matchplay und im World Grand Prix 2002 die Oberhand behalten.

Am vierten Januar 2003 war dann Halbfinalzeit in der Circus Tavern und Part war weit und breit der einzige Nicht-Engländer. Dieses Mal hatte es Taylor leichter als Part - er traf auf Alan Warriner, der nicht allzu viel Gegenwehr leistete und auch für Taylor einfach zu schwach war. Warriner verlor mit 1:6 und Taylor dürfte nicht allzu ausgepowert gewesen sein. Für Taylor war der Sieg über Warriner eine Genugtuung - schließlich hatte sich Warriner noch vor dem Turnier darüber beklagt, dass sich in der PDC immer alles nur um Taylor drehen würde und dass er davon die Nase voll habe.
Part hatte mit Kevin Painter den schwierigeren Gegner, konnte ihn aber mit 6:4 besiegen und zog damit zum zweiten Mal in das Finale ein.

Am fünften Januar fand dann das denkwürdige Finale statt, das beinahe drei Stunden dauerte. Der Kanadier stürmte zunächst zu einer 3:0 Führung, nahm sich dann aber eine Auszeit, so dass vorübergehend Taylor im Vorteil war. Aber so einfach ließ sich Part dieses Mal nicht abschütteln, Taylor wurde ihn einfach nicht los, sondern fühlte sich selbst müde und das Spiel ging in ein entscheidendes Set. Am Ende gewann Part mit 7:6 und unterbrach damit zumindest Taylors Dominanz in der PDC vorübergehend. Im Finale lag Taylors Durchschnitt bei 99.98, der von John Part bei 96.86.

Im folgenden Jahr war dann alles wieder wie gewohnt...

Taylor gewann den Titel anschließend noch sechs Mal, das letzte Mal 2013, und stand noch zwei weitere Male im Finale. Part konnte 2008 noch einmal die Weltmeisterschaft gewinnen, in dem Jahr, als das Turnier zum ersten Mal im Alexandra Palace ausgetragen wurde, in einer ganz anderen Welt als der verrauchten Circus Tavern, und vor internationalen Fans, die dort eine Party feiern, die in alle Welt übertragen wird. 2003 in der Circus Tavern sahen ganze 610 000 Zuschauer das Finale im Fernsehen, die meisten davon sicherlich in Großbritannien, und Part kassierte ein Preisgeld von 50 000 Pfund.

John Part qualifizierte sich 1998 zum ersten Mal für die PDC Weltmeisterschaft und nahm bis 2016 jedes Jahr am Turnier teil. 1998 kassierte er dabei eine Erstrunden Niederlage gegen Paul Lim, der im Gegensatz zu Part auch in diesem Jahr wieder für die PDC Weltmeisterschaft qualifiziert ist.

Aber neben Part konnten sich über die Jahre auch viele andere kanadische Dartspieler für die PDC Weltmeisterschaft qualifizieren - 1999 waren es Scott Cummings und Gary Mawson, Cummings war 2001 noch einmal im Teilnehmerfeld, dieses Mal zusammen mit der ersten Frau bei einer PDC Weltmeisterschaft, Gayl King, die ebenfalls Kanadierin ist. Gerry Convery spielte 2005 - 2008 bei jeder PDC Weltmeisterschaft mit. Rory Orvis kam 2004 nach London, John Verwey 2005. 2007 reiste David Fatum an, Ken MacNeil 2010, Dave Richardson 2015, Ross Snook 2017, Jim Long 2019 und Matt Campbell 2020 und in diesem Jahr. Campbell wird in der ersten Runde gegen Scott Waites spielen.

Neben Campbell wird auch Jeff Smith am Oche stehen, der 2016 im Finale der BDO Weltmeisterschaft stand, aber dann zur PDC wechselte. Er qualifizierte sich auch 2018 und 2019 für das Turnier und hat seit Anfang 2020 eine Tour Card. Smith scheint, soweit man es in diesem Corona Jahr überhaupt beurteilen kann, immer stärker zu werden. Bei der Summer Series stand er zum ersten Mal bei einem Players Championship in den Halbfinalen. Beim World Cup of Darts zog er zusammen mit Matt Campbell in die Viertelfinale ein und er qualifizierte sich dieses Mal über den Pro Tour Order of Merit für die Weltmeisterschaft. In der ersten Runde gewann er gegen den jungen Iren Keane Barry und verlor dann in der zweiten Runde ein enges Spiel gegen Chris Dobey. . Aber Smith scheint bisher der erste Kanadier zu sein, der eventuell in John Parts Fußstapfen treten könnte, wenn es auch noch ein sehr weiter Weg dahin ist.

Das gesamte Finale findet man auf Youtube:
Teil 1
Teil 2







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