Interview mit Jim Widmayer
Jim Widmayer ist seit Jahren neben Larry Butler einer der bekanntesten Namen im amerikanischen Dartsport. Er hat zahlreiche Turniere in Amerika gewonnen
- zuletzt 2022 die Las Vegas Open, war aber auch oft bei internationalen Turnieren am Start. 1994 war er einer der amerikanischen Dartspieler, die am
allerersten World Matchplay der PDC teilnahmen, spielte danach aber bis heute nahezu ausschließlich ADO/BDO/WDF Turniere. Sehr oft wurde er für die
amerikanische National Mannschaft nominiert, was ihm den Spitznamen Captain America einbrachte. Zwei Mal wurde das amerikanische Team unter seiner
Führung Sieger des WDF America Cups. Seit diesem Jahr ist Widmayer der Präsident der ADO - der Amerikanischen Darts Organisation.
Im Vorfeld der WDF Weltmeisterschaften - seinem vierten Weltmeisterschafts-Auftritt - war er freundlicherweise bereit, mit mir ein Interview zu führen.
Jim, du bist so etwas wie ein Urgestein des amerikanischen Dartsports - wie kommt es, dass du über so lange Jahre am Dartsport interessiert bist?
Oh ja, ich spiele schon sehr lange. Was mein Interesse aufrecht erhält sind Wettkampf, Kameradschaft und die neuen Erfahrungen, die mir der Sport ermöglicht.
Du hast so um 1989 angefangen Dart zu spielen - wie bist du zum Dartsport gekommen?
1989! Wow, das ist wirklich schon lange her...Ich bin zum Dartsport gekommen, als ich anfing Bars zu besuchen. Es begann einfach als eine Möglichkeit, mir einen freien Drink zu sichern und ein paar Dollar mehr in der Tasche zu haben. Die Leute in der Bar fingen an zu bemerken, wie gut ich war und haben mich in ihr Dart Team geholt. Es hat nicht lange gedauert bevor ich der beste in der Liga war. Drei Jahre später habe ich mein erstes Turnier in Amerika gewonnen.
Du bist in New York geboren, was ein eine Hochburg des Dartsports war und immer noch ist. Heute lebst du in Florida - ist der Dartsport dort auch populär?
Ich würde schon sagen, dass der Dartsport in Florida populär ist. Es gibt jede Menge Ligen, wir haben eine Staats Meisterschaft, wie haben überall im Staat jeden Monat kleine Turniere und es gibt jede Menge Luck of the Draws. In Florida wird sowohl Steel-Dart als auch E-Dart gespielt.
Würdest du sagen, dass der Sport heute anerkannter und weiter verbreitet ist als in den 1990zigern?
Heute ist er in Amerika nur deshalb weiter verbreitet, weil es E-Dart gibt. Der Dartsport ist populär, weil er mehr im Fernsehen kommt und weil man alles auf Dartconnect verfolgen kann. Aber die Teilnehmerzahlen bei Steel Dart Turnieren sind weit unten und die Anzahl an Turnieren ist gegenüber der 90ziger stark zurückgegangen. Ich habe zwischen 1998 und 2006 nicht Dart gespielt und sehr viele große Turniere in Amerika sind seither verschwunden.
Deutschland ist ein kleines Land und die PDC hat hier über die Jahre sehr viel angestoßen. Denkst du, dass man Dank der PDC auch in Nord Amerika einen gewissen Fortschritt feststellen kann?
Nun ja, die PDC begann mit der Hilfe von uns Amerikanern in den frühen 1990zigern und für meine Begriffe hat sie uns im Stich gelassen. Wir haben sie unterstützt, sie hatten hier Ranking Turniere und ich glaube, dass sie das vergessen hat. Im Laufe der Jahre war sie immer mal ein paar Jahre da und ist dann wieder gegangen, ich weiß nicht so recht, was sie hier wollen. Um deine Frage zu beantworten, durch die PDC gab es hier keinerlei Fortschritt.
Du warst einer der amerikanischen Spieler, der eingeladen wurde am ersten PDC World Matchplay teilzunehmen, du hast ein paar Pro Tour Events mitgespielt und 2023 die UK Qualifying School gespielt, aber alles im allen bist du bis heute ein ADO/WDF Spieler geblieben. Hat dich die PDC nie gereizt oder hängt das eher mit finanziellen/ entfernungsbedingten/äußeren Umständen zusammen?
Es ist hart für einen Amerikaner sich in Europa durchzusetzen - es sei denn er hat keinerlei Verantwortlichkeiten oder weiß nicht, wo seine Prioritäten liegen - Ich würde meinen Job und meine Familie nicht für den Dartsport eintauschen. Die lange Zeit, die man fort von zuhause wäre und die hohen Kosten, die man hätte, um zu reisen und auf der Tour zu spielen - das ist für einen Amerikaner mit einem Job und einer Familie nicht praktikabel.
Du nimmst auch kaum an Events des Championship Darts Circuit teil - hat das ähnliche Gründe?
Ich spiele da nur das Turnier, das mit den World Series of Darts Qualifiern verbunden ist. Ich habe meine Gründe, warum ich keine CDC Events spiele. Der CDC kümmert sich überhaupt nicht um seine Spieler und hat keine Ahnung, was er tun soll, um mehr Unterstützung zu bekommen, so ist er einfach und dabei bleibt es. Er kam gerade mit einer Reihe neuer Regeln heraus und das für eine Tour, bei der sie nicht die volle Teilnehmer Kapazität bekommen, die Regeln sind einfach nur lächerlich.
Dieses Jahr wirst du zum vierten Mal auf der Lakeside Bühne stehen - freust du dich darauf?
Ich freue mich immer auf diese Bühne! Es herrscht dort einfach eine besondere Atmosphäre. Das sage nicht nur ich, das hörst du von Jedem, der auf diese Bühne kommt. Ich hoffe, dass es das Jahr ist, in dem ich damit klarkomme. Es ist mein vierter Auftritt bei der Weltmeisterschaft nach 2014, 2015 und 2019.
Spielst du gerne auf der Bühne? Und bist du bei Bühnenauftritten nervös?
Ja, ich liebe es auf der Bühne zu stehen. Wobei es natürlich besser für mich ist, wenn ich mein A-Game spiele 😊...
Du wirst gegen den Ungarn Patrik Kovacs antreten - hast schon einmal gegen ihn gespielt?
So weit ich weiß habe ich noch nie gegen ihn gespielt. Ich habe schon so oft international bei World Cups, dem World Masters und anderen Turnieren gespielt, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich gegen ihn gespielt habe.
Spielt es nach all den Jahren, die du bereits Dart spielst, noch irgendeine Rolle, gegen wen du spielst und versuchst du dich über deine Gegner zu informieren?
Das spielt für mich keine Rolle, es führt ja kein Weg daran vorbei, dass ich gegen irgendjemanden spiele. Wenn ich vorher weiß, gegen wen ich spielen werde, kann es sein, dass ich mich darüber informiere, wer es ist und was er geleistet hat - wenn ich es nicht ohnehin schon weiß - um mich vorzubereiten.
Würdest du sagen, dass du dich über all die Jahre als Spieler weiterentwickelt hast und denkst du, dass du dich immer noch verbessern kannst? Würdest du vielleicht sagen, dass du heute ein stärkerer Spieler als früher bist?
Eigentlich bin ich im Großen und Ganzen immer noch der gleiche Spieler, der ich immer gewesen bin. Manchmal habe ich große Momente, manchmal weniger große 😊. Es gibt für jeden immer Raum sich zu verbessern.
Trainierst du immer noch?
Ja, ich trainiere immer noch, aber nicht so viel wie ich sollte. Ich trainiere nur, wenn ich dazu motiviert bin.
Und wenn du trainierst - für wie lange?
Wenn ich trainiere, stehe ich tagsüber rund drei Stunden am Board und manchmal bin ich dann abends für ein paar weitere Stunden zurück und spiele in einem online Turnier oder einer Liga.
Spielst du auch E-Dart?
Nicht wirklich. In Florida gibt es sehr viel E-Dart, ich bin nur einfach nicht daran interessiert. Ich gehe ab zu mal an einem Wochenende zu einem Blind Draw, aber an Doppel Ausscheidungen in einer verrauchten Bar teilzunehmen, die die ganze Nacht dauern, ist nichts für mich.
Viele Spieler in Europa haben heutzutage auch einen Mental-Coach - bist du an so etwas auch interessiert?
Nein, das bin ich nicht. Vor ein paar Jahren wurde ich von Jemandem kontaktiert, der mit Spielern aus England arbeitet, das schien aber nichts für mich zu sein.
Du wirst nicht nur zum vierten Mal an der Weltmeisterschaft teilnehmen, du bist auch im letzten Jahr zum erstaunlichen zwölften Mal bei den World Masters dabei gewesen. Das beweist auch, dass du bei nationalen Turnieren in deiner Karriere sehr erfolgreich warst. Sind die großen Turniere immer noch etwas, auf das du hin fieberst? Die Highlights, die du kaum erwarten kannst?
Ich liebe es, die großen Turniere zu spielen, das sind die besseren Wettkämpfe und ich spiele die besseren Spiele. Ich freue mich immer darauf, an internationalen Turnieren teilzunehmen.
Was ist dein Lieblingsturnier?
Mein liebstes Turnier ist jedes Turnier, das ich gewinne!😊 Das war nur ein Witz. Mein liebstes Turnier ist der World Cup, es gibt kein besseres Gefühl, als für sein Land zu spielen.
Dein Spitzname ist "Captain America" - auf jeden Fall sehr passend, denn du bist seit vielen Jahren der Team Kapitän des amerikanischen National Teams. Ist es für dich etwas besonderes für dein Heimatland zu spielen?
Ja, für mich ist es eine Ehre, mein Land und die Mitglieder der American Darts Organisation zu repräsentieren. Ich bin jedes Mal enttäuscht, wenn ich nicht in der National Mannschaft stehe. Ich habe gerade das 2023 Team verpasst, das stand ich nur auf der Reserve Liste, falls jemand ausfällt.
Würdest du dann die beiden WDF Cup Siege 2008 und 2014 als deine größten und befriedigendsten Siege bezeichnen?
2008 und 2014? Da meinst du die America's Cup Siege. Die World Cups finden ja in ungeraden Jahren statt. Den World Cup habe ich nie gewonnen. Dass ich die Las Vegas Open gewonnen habe ist mein größter Sieg und am befriedigsten war zusammen mit Jeff Smith der Doppel Sieg bei den Welsh Open.
Es war nicht einfach für die WDF zu übernehmen als die BDO zusammenbrach und der Start war holprig - hast du das auch als Spieler gespürt und läuft es jetzt besser?
Es läuft jetzt auf jeden Fall besser, einige gute Leute haben jetzt die Verantwortung und sie werden die Organisation dorthin bringen, wo sie sein sollte. Die Dinge geschehen einfach nicht über Nacht, wie jeder immer denkt. Es wird etwas Zeit brauchen, aber ich bin zuversichtlich, dass die den Job erledigen werden.
Gibt es noch etwas, was du im Dartsport gerne erreichen möchtest?
Ja natürlich - Lakeside zu gewinnen 😊. Ist es nicht der Wunsch jedes Dart Spielers die Weltmeisterschaft zu gewinnen?
Da du sicher sehr viele Spieler aus der ganzen Welt hast spielen sehen - glaubst du, dass die Überlegenheit der Spieler aus Großbritannien/Europa irgendwann vorbei sein wird?
Sie werden im Dartsport immer dominant sein, weil sie es nie weit zu den Wettkämpfen und zum entsprechenden Spiellevel haben. Wenn du in Amerika reist, bist du innerhalb von vier Stunden noch nicht einmal an der Grenze der meisten Staaten während du in Großbritannien und in Europa in der Zeit bereits in einem anderen Land bist. Aber durch all das Online Dart heutzutage kommen wir näher.
Ich bin immer überrascht, dass der Dartsport in Nord Amerika schon seit Jahren von den gleichen Spielern dominiert zu werden scheint und dass im Hinblick auf die Größe des Landes und die Einwohnerzahlen doch nur eine kleine Anzahl neuer Namen und noch sehr viel weniger junge Spieler nach oben kommen. Ist es schwierig, Kinder und Jugendliche für den Sport zu interessieren?
Ja, das stimmt, da hast du die Typen wie mich und Larry Butler, die einfach nicht verschwinden 😊. Es gibt überhaupt keine Werbung für Jugend Dart in den USA und das macht es uns auch schwer neue Energie in den Sport und den Fortschritt zu stecken.
Seit diesem Jahr bist du der neue Präsident der ADO - der American Darts Organisation. Wie in anderen Ländern wird auch in den US die nationale Organisation viel kritisiert - was denkst du, sind die größten Probleme, die zu überwinden sind?
Die Probleme in der Vergangenheit sind immer noch die größten Probleme der Organisation. Da gibt es eine ganze Menge Dinge, die ich erledigen möchte, um diese Probleme los zu werden und die ADO vorwärts zu bringen. Das wird nicht leicht sein, da nicht alle Vorstands-Mitglieder hinter mir stehen, einige hängen einfach an dem, was sie in der Vergangenheit getan habe und das behindert den Fortschritt. Also ich will einfach versuchen die Probleme der Vergangenheit los zu werden.
Wahrscheinlich bist du als Spieler manchmal auch nicht mit der ADO einverstanden gewesen - denkst du, das wird dir für diesen Job nützen?
Natürlich war ich mit der ADO nicht glücklich, das ist der Grund warum ich mich für die Präsidentschaft beworben habe. Ich habe im ADO System gespielt mehr oder weniger seitdem ich angefangen habe Dart zu spielen, über 30 Jahre. Ich habe die verschiedenen Veränderungen mitbekommen und das was funktioniert beziehungsweise nicht funktioniert hat und wo etwas falsch lief, ich habe also schon eine Vorstellung davon, was getan werden muss.
Hast du so eine Art Vision, wohin du den Sport führen möchtest?
Ja, wir müssen sehen, dass der Sport wächst und damit bei der Jugend anfangen. Wir müssen ein eigenes Ranking System für die Jugend aufbauen und dafür sorgen, dass bei mehr Turnieren auch Jugendturniere miteingeschlossen werden. Und wir müssen auch dafür sorgen, dass wir mehr Möglichkeiten für unsere Spieler schaffen, international zu spielen und sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren.
Wie ich immer von amerikanischen und kanadischen Freunden höre ist, dass der Dartsport in Nordamerika in den Medien mehr oder weniger gar nicht präsent ist - noch nicht einmal dann, wenn Spieler internationale Erfolge feiern.
Es gibt überhaupt keine Medienpräsenz des Dartsports in Nord Amerika. Wir können Dart über Streaming Anbieter verfolgen und hören von dem, was passiert auf Facebook und Twitter.
Die ADO war immer eng mit der BDO verbunden und für mich hat es manchmal so ausgesehen, als wären beide sogar in ihren Problemen eng verbunden. Ist die Verbindung zur WDF jetzt genauso eng (schließlich ist der Vizepräsident der WDF mit Buddy Bartoletta ein Amerikaner, der auch schon einmal ADO Präsident war) und könnte das dabei helfen, die ADO zu reformieren?
Das stimmt, sie waren immer schon eng verbunden, erst Della Fleetwood und jetzt Buddy Bartoletta. Ich rede mit Buddy, wenn ich Rat brauche um die ADO in die richtige Richtung zu lenken. Ich kenne Buddy schon seit Jahren, seitdem ich angefangen habe Dart zu spielen und noch bevor er ADO Präsident wurde. Er wird mir eine große Hilfe sein, um die die ADO dorthin zu bringen, wo ich sie haben möchte.
Wirst du denn dann in Zukunft noch Zeit haben um an Turnieren teilzunehmen?
Ich bin in Rente, also werde ich genügend Zeit haben um an Turnieren teilzunehmen. Es sollte mich nur nicht daran hindern Fischen zu gehen...😊
