Die vergessene Weltmeisterschaft

Vor kurzem erst fand die erste PDC Unicorn Women's World Championship statt. Wie schon der Name verrät, trat die Firma Unicorn als Hauptsponsor auf. Es war aber nicht das erste Mal, dass Unicorn Sponsor eines Turniers gewesen wäre, Unicorn war schon einmal wesentlich an einem Turnier beteiligt und auch dieses Turnier war eine Weltmeisterschaft, die allererste Weltmeisterschaft. Dieses Turnier setzte vollkommen neue Maßstäbe bezüglich der Austragung von Turnieren und kann wohl als Ausgangspunkt des "modernen" Dartturniers betrachtet werden.

Die allererste Weltmeisterschaft ist bei uns in Deutschland vollkommen in Vergessenheit geraten, obwohl auch deutsche Dartspieler daran teilgenommen haben.
Erstaunlich ist das auch deshalb, weil die zweite dieser Unicorn Weltmeisterschaften den Rahmen für die Gründung der WDF abgab, schließlich waren ja die Dart Funktionäre ohnehin alle vor Ort.
Das Turnier wurde sogar im Fernsehen von ITV übertragen.
Warum es nur zwei Mal stattfand ist nicht so ganz klar.

Veranstaltet wurden diese beiden Weltmeisterschaften 1975 und 1976 von der damals neu gegründeten BDO und der Hauptsponsor war Unicorn, eine Zusammenarbeit, die man sich in der heutigen Situation gar nicht mehr vorstellen kann. Neben Olly Croft und Stanley Lowy, dem damaligen Unicorn Direktor, dürften am Zustandekommen des Turniers und auch an der Gründung der WDF noch Barry Twomlow, der Ambassodor of Darts, und der Amerikaner Tom Fleetwood gewesen sein, die alle einander eng verbunden waren.

Das Turnier wurde in London ausgetragen, war ein Doppel Turnier und es nahmen immerhin Teilnehmer aus 16 Ländern daran teil, darunter waren in beiden Jahren auch zwei deutsche und zwei Schweizer Teilnehmer, wobei allerdings keines der beiden Länder zu den Gründungsmitgliedern der WDF zählte. Dafür war Neuseeland 1976 bei der Gründung der WDF dabei, schickte aber keine Teilnehmer zur Weltmeisterschaft.

In vielen der Teilnehmerländer gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine nationalen Organisationen und keine nationalen Meisterschaften, es waren die Darthändler, höchstwahrscheinlich die Unicorn Händler, die wohl kleinere Qualifikationsturniere veranstalteten und dann die Sieger nach London schickten.

In Kanada war es anscheinend besonders schwierig und keiner so richtig bereit das Unternehmen zu unterstützen.
In einem Zeitungsartikel des Ottawa Citizen von 1975 wird empört darüber berichtet, dass die kanadischen Teilnehmer, obwohl der Dartsport damals in Kanada schon recht populär war, ihr Ausscheidungsturnier in New York auf Einladung der Firma Sportscraft spielen mussten und diese Firma ihnen dann auch noch mangels kanadischer Unterstützung Reise und Aufenthalt in London zahlen musste.
Sportscraft war die amerikanische Generalvertretung für Unicorn und hatte wesentlichen Einfluss auf den Dartsport in Amerika in den 1970er bis 1990er Jahren.

Die Weltmeisterschaft fand im West Central Hotel in London statt und dauerte zwei Tage.
Am Samstag fanden die Qualifikationen für die Teilnehmer aus England, Schottland, Wales und der Republik Irland statt, zu denen die Spieler aus verschiedenen Regionen anreisten, die die Ausscheidungsturniere ihrer Regionen gewonnen hatten.
Ihnen wurden die Anreise nach London und Unterkunft von der Firma Unicorn bezahlt. Außerdem hatten sie bereits für das Erreichen ihres regionalen Finales Preisgeld erhalten.
Am Samstagabend gab es zur Unterhaltung aller Beteiligten einen bunten Kabarettabend mit Bühnen-Stars jener Jahre.
Die eigentliche Weltmeisterschaft fand, wie der Ottawa Citizen berichtet, vor rund 3000 Zuschauern statt, nicht so viel, wie bei den "News of the World" zuschauten, aber wahrscheinlich hätten in den Veranstaltungsraum gar nicht mehr Zuschauer hineingepasst.
Das Format der Spiele war drei Legs 601, zwei Single Legs und ein Doppel Leg, und 1975 stellte dabei Ken Brown, damals schon englischer Nationalspieler und als "englischer Meister" dabei, sogar einen Weltrekord auf - er warf einen 14-Darter mit 180, 140, 125, 100 und 56.

1975 wurde das Turnier von den walisischen Teilnehmern Dave Jones und Ray Phillips(siehe Bild) gewonnen, 1976 konnte sich das australische Doppel Kevin White und George Foster durchsetzen.
Die Gewinner bekamen in beiden Jahren ein Preisgeld von immerhin 2000 Pfund.

1975 nahm der damals noch unbekannte John Lowe an diesem Turnier teil. Sonst findet man unter den Teilnehmern wenig heute noch bekannte Namen und es ist kaum möglich herauszufinden, was aus den Teilnehmern geworden ist.

In beiden Jahren wurde Gibraltar unter anderem vom Gründer der Gibraltar Darts Organisation Joe Goldwin vertreten.

Auch einer der Mitbegründer der kanadischen Dart Organisation, Robert Dupuis, stand 1976 am Oche.
Bob Dupuis scheint auch heute noch Dart zu spielen und ist bei Senioren Turnieren sehr erfolgreich. Daneben stand er im Herbst 2009 bei einem Theaterstück als Officer McNealy auf der Bühne - wie im Programm erwähnt wird, war sein einziger Bühnenauftritt bis zu diesem Zeitpunkt seine Teilnahme an der Unicorn World Championship!

Der Amerikaner Jack Curry besaß bis 2005 eine Dartkneipe in San Mateo in Kalifornien - den Prinz of Wales Pub - die er dann verkaufen musste, scheint aber immer noch Dart zu spielen genau wie auch sein Weltmeisterschaftspartner Russ Zanardi, der immer noch in Kalifornien in der Penninsula Darts Organisation aktiv spielt, aber anscheinend ein etwas schwieriger Mensch ist.

Bert Berg, einer der schwedischen Teilnehmer von 1976, spielte noch ein paar Jahre im schwedischen Traditionsclub Old Bowler, der bereits 1965 gegründet worden war, und holte sich 1981 und 1982 die Klubmeisterschaft. Im Jahr 2000 wurde Pär Riihonen Club Meister, der inzwischen den PDC Pro Tour Circuit spielt.

Einer der dänischen Spieler, Flemming Hansen, scheint noch 2008 als Vorstand des Dartvereins von Hvidovre aktiv gewesen zu sein.
Der belgische Teilnehmer Omer Bauwsen, war vielfacher belgischer Meister und stand 1984 im Finale der Dutch Open.

Etwas mehr kann man über die beiden Australier Kevin White und George Foster erfahren, die in beiden Jahren als australische Meister an der Weltmeisterschaft teilnahmen und sie 1976 gewinnen konnten.
Kevin White spielte seit 1970 Dart und stand 1976 und 1982 im Halbfinale der World Masters. 1981 und 1983 nahm er an der BDO Weltmeisterschaft teil. 1983 gewann er zusammen mit Barry Twomlow die Royal Hawaien Men's Doubles Championship und noch 2005 taucht er als Teilnehmer bei den New Zealand Open auf.
Kevin White war außerdem mit Bobby George und Jocky Wilson an der Aufnahme des originalen One Hundred And Eighty Songs beteiligt.

Dank Patrick Chaplin ist auch über Georg Foster, den zweiten australischen Teilnehmer einiges bekannt. In einem Unicorn Blog hat er über eine Begegnung mit ihm berichtet.
Georg Foster ist freilich gar kein waschechter Australier, er ist in England geboren und hat auch in England für Chesire Dart gespielt. 1964 gewann er die Divisional Finals der News of the World Championship.
1964 ist er dann nach Australien ausgewandert, hat als Werkzeugmacher und Hotel Manager gearbeitet und für Australien Dart gespielt, unter anderem eben bei der Unicorn World Championship und auch bei der Australasien Darts Championship.
Dann lebte er in Papua Neuguinea, spielte auch dort Dart, auch wieder als Vertreter des Landes.S In den 1980ern kehrte er für ein paar Jahre wieder nach England zurück und gewann tatsächlich 1984 noch einmal die Divisional Finals der News of the World Championship.
Heute lebt er wieder in Australien, wo er als "Mr.Wonderful" bekannt ist, 1997 hat er mit dem Dart spielen aufgehört.

Leider ist es mir nicht gelungen mehr über die deutschen Teilnehmer herauszufinden.
1975 waren das Roland Geuss aus Pfaffenweilen und Roland Kaiser aus Freiburg, 1976 Michael Fechner und Georg Egender aus Donaueschingen.

Wer noch etwas mehr Details erfahren möchte, findet auf der Unicorn Homepage noch die Namen sämtlicher Teilnehmer sowie die offiziellen Begrüßungsworte: Unicorn





Die Bilder wurden uns freundlicherweise von Unicorn zur Verfügung gestellt.



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